Lübeck verschläft Verkehrswende

„Als Fußgänger unterwegs zu sein muss Spaß machen. Fahrradfahren muss komfortabel sein. Busfahren muss eine echte Alternative zum Autofahren sein.“ Diese Anforderungen an die Verkehrswende wurden in der Podiumsdiskussion der Bürgerschaftsfraktion Die Unabhängigen am vergangenen Montag im Rathaus diskutiert. Davon ist Lübeck allerdings noch weit entfernt.

In einem Impulsvortrag hat Dr. Willfried Maier, früherer Senator für Stadtentwicklung in Hamburg und aktuell Vorsitzender der Patriotischen Gesellschaft von 1765, wurden Anforderungen zur Mobilität in der Stadt benannt. Maier betonte die Stärkung des Fußgänger- und Radverkehrs. Verkehrsberuhigung in der Altstadt sei nur durch wegfallende Parkplätze zu erreichen: „Autos machen die Innenstadt unattraktiv und schaden dem Einzelhandel und der Gastronomie.“

Michael Stödter, seit dem 1. Juli 2020 Verkehrswendebeauftragter der Hansestadt Lübeck berichtete schwerpunktmäßig über Ansätze zur Optimierung des ÖPNV. Stödter informierte zudem zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Busverkehr. Er machte deutlich, dass Attraktivitätssteigerungen mittels Erhöhung der Linienversorgung und Tarifvergünstigungen das Defizit des Stadtverkehrs deutlich erhöhen würden.

Auch das Thema Bürgerrat zur Verkehrswende wurde angesprochen. Dr. Willfried Maier berichtete über die erfolgreiche Arbeit von Bürgerräten in verschiedenen Städten und Regionen. Mit repräsentativ zusammengesetzten Bürgerräten ließen sich kontroverse Themen gut bearbeiten: „Wenn sich zufällig ausgeloste Menschen, unter Einbeziehung von Fachleuten, zwei Wochenenden mit dem Thema Verkehrswende befassen und qualifiziert alle Aspekte betrachten, kommen sinnvolle und umsetzbare Empfehlungen heraus. Das wäre eine Chance für Lübeck.“

Der Vorsitzende der Unabhängigen, Detlev Stolzenberg zieht folgende Bilanz: „So lobenswert die kleinen Schritte zur Verkehrsveränderung in Lübeck auch sind, sie bleiben Stückwerk. Veränderungen dauern zu lange. Lübeck verschläft die Verkehrswende. Der Busverkehr hat durch die Fahrplanreform und die Tarifsteigerungen in den vergangenen 20 Jahren mehr als die Hälfte seiner Fahrgäste verloren. Die Verkehrsberuhigung der Innenstadt muss zügiger umgesetzt werden. Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Komforts für Fußgänger und Radfahrer müssen gleichberechtigt zum Straßenverkehr behandelt werden. Hier muss im Interesse der Menschen weiter Druck auf die Verantwortlichen entwickelt werden.“