Keine Teilnahme der Unabhängigen an der Bürgerschaftssitzung – Dies ist die Stunde des Bürgermeisters und nicht die der Bürgerschaft

Die Fraktion der Unabhängigen wird an der nächsten Bürgerschaftssitzung nicht teilnehmen. Sie hält es angesichts der sich ständig zuspitzenden Situation für nicht verantwortbar, die geplante Sitzung durchzuführen. Die damit verbundenen Risiken für die Teilnehmenden und ihre Angehörigen sowie allen weiteren Kontaktpersonen steht in keinem verantwortbaren Verhältnis zur Bedeutung der auf der Tagesordnung stehenden Entscheidungen.

Dazu erklärt der Fraktionsvorsitzende der Unabhängigen Detlev Stolzenberg: „Die in der jetzigen Situation zu treffenden Entscheidungen sind vorrangig Entscheidungen, die in den Kompetenzbereich des Bürgermeisters und der ihm unterstehenden Verwaltung fallen. Bei dringenden Maßnahmen steht ihm nach der Gemeindeordnung sogar ein Eilentscheidungsrecht zu.

Deswegen schlägt in der jetzigen Situation die Stunde des Bürgermeisters und nicht die der Bürgerschaft.

Er und der von ihm berufene Krisenstab haben nunmehr die erforderlichen Entscheidungen zum Schutz der Lübecker Bevölkerung zu treffen. Dafür stehen die notwendigen rechtlichen Rahmenbedingungen zur Verfügung. Soweit der Bürgermeister dabei politische Unterstützung durch die Rathausfraktionen für erforderlich hält, kann er sich dafür auf ungefährlichen Kommunikationswegen informell die notwendige Unterstützung sichern. Dazu ist keine Bürgerschaftssitzung erforderlich.

Hinzu kommt, dass es der Bevölkerung schwer zu vermitteln sein wird, eine solche Sitzung durchführen zu wollen, während anderswo nicht mehr nur über Ausgangssperren diskutiert, sondern diese auch schon verhängt werden. Es ist auch nicht einsehbar, warum Veranstaltungen mit mehr als 50 Personen generell untersagt sind, aber die Bürgerschaftssitzung, an der regelmäßig mehr als 50 Personen teilnehmen, durchgeführt werden soll.

Wer angesichts dieser Sachlage dennoch an der Sitzung teilnehmen will, hat sicherlich auch bedacht, dass nur ein einziger Verdachtsfall bei den teilnehmenden Personen ausreicht, um alle Teilnehmer der Sitzung nebst Angehörigen in die Quarantäne zu befördern. Damit wären sie gleichzeitig auch nicht mehr in der Lage die bis dahin ausgeübten Tätigkeiten im erforderlichen Umfang wahrzunehmen.

Das würde in diesem Fall die gesamte Verwaltungsspitze treffen, die regelmäßig an den Bürgerschaftssitzungen teilnimmt. Damit wäre genau der Personenkreis betroffen, auf deren Handlungsfähigkeit wir gerade in dieser Krisensituation dringend angewiesen sind.

Schließlich ist zu bedenken, dass in der Bürgerschaft der Kreis der besonders gefährdeten Personengruppen (Männer über 60 Jahre) nicht unbeträchtlich ist. Es kann auch davon ausgegangen werden, dass sich in diesen Personenkreis noch Personen mit risikosteigernden Vorerkrankungen befinden.

Wenn diese aus nachvollziehbaren Gründen nicht erscheinen, können sich die Mehrheitsverhältnisse auch unkalkulierbar verschieben. Davon wäre dann auch der demokratische Legitimationswert der entsprechenden Entscheidungen der Bürgerschaft betroffen.“