Digitale Strategie: Kein Hauruck-Verfahren

Die Initiative von Bürgermeister Lindenau, eine umfassende Digitale Strategie für Lübeck zu entwickeln, wird von der Fraktion Die Unabhängigen in der Lübecker Bürgerschaft begrüßt. Allerdings ist Bürgermeister Lindenau gut beraten, wenn er dieses Ziel nicht im Alleingang und in einem Hauruckverfahren, sondern in einem gemeinsamen und öffentlichen Diskussionsprozess mit der Stadtgesellschaft und der Lübecker Bürgerschaft beschreitet.

Dazu erklärt Detlev Stolzenberg, Fraktionsvorsitzender der Unabhängigen: „Lindenau versucht im Eiltempo mit der Gründung einer entsprechenden städtischen Gesellschaft vollendete Tatsachen zu schaffen. Schon am Dienstag dieser Woche sollen der Hauptausschuss und am Donnerstag die Bürgerschaft jeweils hinter verschlossenen Türen entsprechende Beschlüsse fassen. Hinzu kommt, dass die inhaltlich komplizierte und komplexe Vorlage den Mitgliedern der Bürgerschaft erst „auf dem letzten Drücker“ wenige Tage vor der Entscheidung zur Verfügung gestellt worden ist. Damit besteht keine ausreichende zeitliche Möglichkeit, sich umfassend zu informieren und entsprechenden sachkundigen Rat durch Fachleute einzuholen. Ein solches Hauruck-Verfahren, das die Bürgerschaft zum Abnickorgan des Bürgermeisters degradiert, lehnen wir ab. Hier bewegt Lindenau sich offensichtlich im Fahrwasser seines Vorgängers Saxe. Wir fordern daher eine öffentliche Diskussion über die Zielsetzung und die Notwendigkeit einer solchen Gesellschaft.“

Wolfgang Neskovic, der für die Unabhängigen das Thema städtische Gesellschaften bearbeitet, warnt vor einer Schwächung der kommunalen Selbstverwaltung:

„Der verheerende Hang zur Privatisierung öffentlicher Aufgaben muss endlich gestoppt werden. Die Ausgliederung öffentlicher Aufgaben aus der städtischen Verwaltung und ihre Übertragung in privatrechtliche Gesellschaftsformen führt zur Selbstentmündigung politischer Verantwortung.

Wichtige Aufgaben der Daseinsvorsorge wie die Versorgung mit Strom und Wasser, die Entsorgung von Abwasser und Müll, aber auch das Betreiben Lübecker Museen und des Theaters werden in Lübeck längst von privatrechtlich organisierten Unternehmen wahrgenommen. Bei diesen verantworten den Regeln des Privatrechts unterworfene Geschäftsführer die inhaltlich-operative Ausrichtung der entsprechenden Gesellschaften. Die Rolle der Politik reduziert sich bei diesem Geschäftsmodell auf eine Kontroll- und Überwachungstätigkeit in entsprechenden Aufsichtsräten. Die Entscheidungen und Diskussionsprozesse in diesen Unternehmen finden hinter verschlossenen Türen ohne Beteiligung der Öffentlichkeit statt. Die in den Aufsichtsräten tätigen Politiker sind wegen der dort herrschenden Verschwiegenheitspflicht zum Schweigen verurteilt. Notwendige Informationen und Entscheidungsgrundlagen werden dadurch der Kommunalpolitik und der öffentlichen Debatte vorenthalten. Dadurch werden zentrale Regeln demokratischer Willensbildungsprozesse aufgegeben und durch die Regeln des Marktes ersetzt.

So werden auch kommunale Aufgaben marktkonform umgestaltet. Diesen Sieg des Marktes über die Demokratie nehmen wir nicht hin. Besonders im hochsensiblen Bereich der Digitalisierung und des damit untrennbar verbundenen Datenschutzes ist die beabsichtigte Privatisierung unverantwortlich.“