Die angestrebte Kooperation zwischen SPD und CDU in der Lübecker Bürgerschaft wird von der Fraktion Die Unabhängigen skeptisch gesehen. Fraktionsvorsitzender Detlev Stolzenberg erklärt dazu: „Nach der Gemeindeordnung gibt es in einer Stadtvertretung keine Regierung und keine Opposition. Die Bürgerschaft ist kein Parlament. Durch eine Kooperation der beiden großen Fraktionen wird die Kontrolle der Verwaltung durch die Bürgerschaft geschwächt. Hinzu kommt, dass die „Koalition der desaströsen Wahlverlierer“ der Kommunalwahl im Mai Lübeck keine mutige Zukunftsperspektive bietet. Umgesetzt werden kann nur der kleinste gemeinsame Nenner. Dabei ist die Botschaft der Wählerinnen und Wähler eine unmissverständliche Warnung an die beiden Parteien: Kein „Weiter so.“ Diese Warnung wird nunmehr von ihnen trotzig ignoriert. Es wird offensichtlich auf das kurze Gedächtnis der Wählerinnen und Wähler gesetzt. Durch diese „Koalition der Verlierer“ wird die Parteienverdrossenheit weiter gefördert. Es ist offenkundig, dass im Vordergrund solcher Überlegungen wieder das Geschacher um Senatorenposten nach dem Motto steht: „Nimmst du meinen Schindler, nehme ich deinen Hinsen.“ Aber auch inhaltlich wird sich eine solche „Koalition“ nicht am Gemeinwohlinteresse aller Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt orientieren, sondern weiterhin klassische Klientelpolitik betreiben. Der Kern dieser Politik wird sich darin erschöpfen, hinter verschlossenen Türen Deals zu schließen, die den jeweiligen Interessengruppen dienen. Die Unabhängigen werden weiterhin den Finger in die Wunde legen und mutige Alternativen zum althergebrachten Kurs einfordern.“
Der Pressesprecher der Unabhängigen Wolfgang Neskovic ergänzt: „Auch die Debattenkultur in der Lübecker Bürgerschaft wird bei einer Kooperation der beiden Großen nachhaltigen Schaden erleiden. Nicht mehr das klügere Argument wird den Ausschlag für eine Entscheidung der Bürgerschaft geben, sondern die hinter verschlossenen Türen getroffenen Vereinbarungen der „Großen Koalition“ werden sich durchsetzen. So wird die Stabilität des Hinterzimmers organisiert und abgesichert. Die Bürgerschaftsabgeordneten werden zu hilflosen Statisten degradiert. Ein echtes Ringen und ein fachkundiger Wettbewerb um die überzeugendste Begründung lohnen nicht. Die Mitglieder der beiden großen Fraktionen werden lustlose Schaufensterreden halten, weil nicht die Kraft der Argumente, sondern allein die bloße Stimmenmehrheit das Ergebnis bestimmen wird. Die „Oppositionsabgeordneten“ hingegen wissen, dass keine noch so kluge und kämpferische Rede am vorher festgelegten Ergebnis etwas ändern wird. Eine solche Bürgerschaft, in der die Abgeordneten dermaßen verzwergt werden, wird das Vertrauen in die Funktionsfähigkeit unseres Demokratiemodells zusätzlich untergraben.“